Archimandrit Aimilianos von Simonos Petras

 Kurze biographische Skizze von Vr. Maximos Simonopetrites

Archimandrit Aimilianos (Alexandros Vapheides)* wurde im Oktober 1934 in Piräus (Griechenland) geboren. Er schloss sein Theologiestudium an der Universität Athen im Jahr 1959 ab und erwog, die Priesterweihe zu empfangen, um später als Missionar im Ausland zu arbeiten. Er beriet sich mit Anastasios Yiannoulatos, der später Erzbischof von Albanien wurde. Dieser unterstützte ihn in seinem Vorhaben, empfahl ihm jedoch, sich durch einen Aufenthalt in einem Kloster auf dieses Werk vorzubereiten. Yiannoulatos sagte ihm, er solle Kontakt mit dem neuen Bischof von Trikala aufnehmen, von dem er glaubte, er würde den jungen Mann in das mönchische Leben einweihen.

So wurde Alexandros Vapheides am 9. Dezember 1960 zum Mönch geweiht und erhielt den Namen Aimilianos. Zwei Tage später wurde er zum Diakon und am 15. August 1961 schließlich zum Priestermönch geweiht. Nachdem er jeweils kurze Zeit in verschiedenen Klöstern in der Meteora-Region verbracht hatte, versetzte ihn der Bischof schließlich in das Kloster des heiligen Vissarion am Fuß des Pindos-Gebirges. Dort schien er eine spirituelle Krise durchgemacht zu haben, auf die ein tiefgreifendes religiöses Erlebnis folgte, das ihn radikal verwandelte und seine Spuren in all seinen späteren Werken hinterließ.

Wie der heilige Paulus erlebte der Altvater eine dramatische Bekehrung und ging aus diesem Erlebnis als ein anderer Mensch hervor: von höchster Energie erfüllt und mit ganzem Herzen der Wiederbelebung des Mönchtums gewidmet. Kurz nach diesem einschneidenden Erlebnis wurde er zum Abt von Meteora bestimmt. Zusätzlich wurde er zum Diözesan-Prediger und Beichtvater ernannt. Er war ein brillanter, elektrisierender Redner und nahm bald die ganze Region gefangen, besonders die dort lebenden jungen Menschen, die sich in großer Zahl um ihn scharten. Viele von ihnen zog es zum klösterlichen Leben mit dem Gerontas und im Jahr 1963 fanden die ersten Mönchsweihen statt. Es folgten weitere in rascher Folge, und der junge Abt war bald Haupt einer großen und dynamischen Gemeinschaft.

Doch der wachsende Tourismusdruck erschwerte das Leben in Meteora erheblich. So nahm Gerontas Aimilianos zusammen mit all seinen Mönchen und Novizen die Einladung der Regierung des Berges Athos an, das Kloster Simonos Petras (Simonopetra) neu zu beleben.

Der Charakter und die Bedeutung all dieser Geschehnisse werden jedoch erst im Licht der lebensverändernden religiösen Erfahrung des Gerontas klar. Lassen Sie uns nun zu jenem entscheidenden Augenblick zurückkehren und ihn im Detail betrachten.

Zunächst scheint es klar, dass der Aufenthalt im Kloster des heiligen Vissarion für den Mönch Aimilianos eine Zeit der Versuchung und Prüfung war. Wir können davon ausgehen, dass er keine starke Berufung zum Mönchtum empfand und das Mönchtum nur als notwendigen Zwischenschritt zur Priesterweihe und zur missionarischen Tätigkeit ansah. Er war ein intelligenter, energischer junger Mann mit Zukunft und wollte nicht den Rest seines Lebens in einem heruntergekommenen Kloster in Thessalien verbringen. Seine monastischen Mitstreiter inspirierten ihn kaum, und er plante bereits, seine Studien in Deutschland fortzusetzen. Sein Bischof wollte davon jedoch nichts wissen und sagte ihm, er habe in absehbarer Zeit nirgendwohin zu gehen. Dies war daher eine schwierige Zeit, gekennzeichnet durch zunehmende Isolation, ein Gefühl von Verlassenheit und vielleicht Enttäuschung. Doch darauf folgte ein lebensveränderndes Ereignis von außerordentlicher Erhabenheit. Was genau geschah? Der Schüler und Nachfolger des Gerontas, Archimandrit Elisaios, teilt uns Folgendes mit:

„Im Kloster des heiligen Vissarion wurde Vater Aimilianos eine Offenbarung über das mönchische Leben zuteil, oder besser gesagt, er machte eine profunde mystische Erfahrung des ungeschaffenen Lichtes Gottes, das ihn zur Stunde der Liturgie umfing. Von da an war für ihn jede Göttliche Liturgie, vorbereitet durch eine lange Nachtwache, eine erhabene Erfahrung der Herrlichkeit Gottes. In der Folge war er fest entschlossen, sich der asketischen Tradition zu widmen, statt kirchliche Verpflichtungen in der Welt auf sich zu nehmen.“

Eine genauere Beschreibung des Geschehens lieferte Archimandrit Aimilianos selbst in einer Geschichte, die er im Jahr 1983 einem großen, öffentlichen Publikum erzählte. Die Geschichte handelt angeblich von einem „gewissen Mönch, den er einst kannte“, doch in Wirklichkeit ist es ein Bericht über das mystische Erlebnis, das das zentrale Kapitel in der spirituellen Biografie des Gerontas bildete. Wie wir sehen werden, war es ein Ereignis, das den 27-jährigen Priestermönch in einen charismatischen Gerontas verwandelte, der später die Struktur und Organisation des Klosters Simonos Petras maßgeblich veränderte.

Archimandrit Aimilianos: Die „Geschichte eines gewissen Mönchs“

Engel1. Erlaubt mir, von einem Mönch zu erzählen, den ich einst kannte. Genauso wie wir alle manchmal schwierige Momente erleben, ging auch er durch eine sehr kritische Phase seines Lebens. Der Teufel hatte Feuer in sein Gehirn geworfen. Er wollte ihn seiner monastischen Würde berauben und zu einem elenden Sucher nach vermeintlichen Wahrheiten machen. Seine Seele brüllte wie brechende Wogen und er sehnte sich nach Befreiung von dieser Qual. Hin und wieder erinnerte er sich an das Herzensgebet, doch es hallte nur schwach in ihm wider, da er nicht daran glaubte. Seine unmittelbare Umgebung bot ihm keine Hilfe. Alles war negativ. Sein Herz war am Zerbrechen. Wie erbärmlich der Mensch wird, wenn er von Problemen besessen ist! Wer von uns hat nicht schon solche schrecklichen Tage, dunkle Nächte und zermürbende Prüfungen erlebt?

2. Unser Mönch wusste nicht, was er tun sollte. Spaziergänge halfen ihm nicht. Die Nacht erstickte ihn. Eines Nachts riss er, nach Luft ringend, das Fenster seiner Zelle auf, um einen tiefen Atemzug zu nehmen. Es war dunkel, es war ungefähr drei Uhr morgens. In seiner großen Erschöpfung wollte er das Fenster wieder schließen, in der Hoffnung, wenigstens noch ein paar Augenblicke Ruhe zu finden. Doch in diesem Augenblick war es, als wäre alles – sogar die Dunkelheit draußen – hell geworden. Er sah nach, um zu schauen, woher solch ein Licht wohl gekommen sei, doch es kam von nirgendwo. Die Dunkelheit, die keine eigene Existenz hatte, war Licht geworden, obgleich sein Herz im Dunklen blieb. Als er sich umwandte, sah er, dass auch seine Zelle Licht geworden war. Er untersuchte die Lampe, um zu sehen, ob das Licht von dort kam. Doch diese eine kleine Öllampe konnte nicht von selbst leuchten und auch nicht alles um sich herum erhellen.

3. Obwohl sein Herz noch nicht erleuchtet war, hegte er doch eine gewisse Hoffnung. Überrascht und von dieser Hoffnung geleitet, jedoch ohne sich dessen, was er tat, völlig bewusst zu sein, verließ er den Klosterhof, der ihm oft wie die Hölle erschienen war. Er ging hinaus in die Stille, in der alles wie im Tageslicht deutlich war. Nichts war im Dunkeln verborgen. Im Licht waren die hölzernen Balken und die Fenster, die Kirche, der Boden, auf dem er ging, die Wasserquelle, die beständig strömte, die Grillen, die Leuchtkäfer und die Nachtvögel zu sehen – alles war sichtbar! Und die Sterne kamen herab, und der Himmel senkte sich herab, und es schien ihm, als sei alles – Erde und Firmament – wie der Himmel geworden. Und alles zusammen sang das Gebet, alles sprach das Jesusgebet. Auf seltsame Weise öffnete sich sein Herz und begann zu tanzen; es schlug und nahm unwillkürlich an demselben Gebet teil; seine Füße berührten kaum den Boden.

4. Er wusste nicht, wie er die Tür geöffnet und die Kirche betreten hatte, wann er die liturgischen Gewänder angelegt hatte, wann die anderen Mönche eingetroffen waren oder wann die Liturgie begonnen hatte. Was genau geschah, wusste er nicht. Der gewöhnliche Zusammenhang der Dinge war dahin, und er wusste nur, dass er vor dem Altar stand, vor dem unsichtbar gegenwärtigen Gott, und die Liturgie vollzog. Erstaunlicherweise hallte seine Stimme oben wider – zum Altar jenseits der Himmel, sozusagen, und das sowohl in den Tonarten seines Herzens als auch des Altars. Die Liturgie ging weiter. Das Evangelium wurde gelesen. Das Licht umgab ihn nicht länger, doch es hatte sein Nest in seinem Herzen gebaut. Die Liturgie endete, doch das Lied, das in seinem Herzen begonnen hatte, war endlos. In seiner Entrückung sah er, dass der Himmel und die Erde ohne Unterlass das Gebet sangen und dass ein Mönch nur dann wahrhaftig lebt, wenn er davon beseelt ist. Damit das geschieht, muss er nur aufhören, für sich selbst zu leben.

     In diesem Text wird jenes entscheidende Erlebnis berichtet, das den jungen Mönchspriester in einen charismatischen Gerontas (geistlichen Altvater) verwandelte und die Grundlage für das weitere Werk des Archimandriten legte: Unter der Führung des Gerontas veränderten sich die Organisation und Struktur des ehrwürdigen Felsenklosters des heiligen Simon (Gedächtnis: 28. Dezember) auf dem heiligen Berg Athos vollständig. Dies strahlte auch auf andere Athos-Klöster aus. Gerontas Aimilianos schuf eine ungewöhnliche Synthese des koenobitischen Klosterlebens mit dem Geist des hesychastischen Mönchtums. Die Liturgik gelangte unter seiner Anleitung zu großer Tiefe und Vollkommenheit, wovon auch die vom Kloster Simonos Petras veröffentlichten Tonaufnahmen zeugen. Im Jahr 1974 gründete Archimandrit Aimilianos außerdem als Metochion des Klosters Simonos Petras das Frauenkloster der Verkündigung der Allheiligen Mutter Gottes (Evangelismos) in Ormylia unweit von Polygyros (Chalkidiki). Daran angeschlossen wurde ein Zentrum für soziale Hilfe und medizinische Forschung und Prävention namens Panagia Philanthropini („die Menschenliebende Allheilige Gottesgebärerin“) gegründet. Beide Klöster sind heute blühende Gemeinschaften. Im Athos-Kloster Simonos Petras leben mehr als 60 Mönche und im Kloster der Verkündigung mehr als 120 Nonnen. Im Verlag des Klosters (I. M. Koinobion Evangelismou tis Theotokou, GR-63071 Ormylia) ist eine Reihe von Werken des Archimandriten Aimilianos erschienen, teilweise auch in englischer Sprache. Bekannt sind auch die hervorragenden Tonaufnahmen byzantinischer liturgischer Gesänge mit dem 35-stimmigen Klosterchor auf CDs. Außerdem ist ein reich bebilderter Pilgerführer erhältlich, der auch auf Deutsch verfügbar ist. Archimandrit Aimilianos ist außerdem Gründer bzw. Mitgründer einer Reihe anderer Klöster in Griechenland und Frankreich. Aufgrund einer schweren Erkrankung, die 1995 einsetzte, trat Gerontas Aimilianos im Jahr 2000 von seinem Amt als Abt des Klosters Simonos Petras zurück. Bis zu seinem Tod am 9. Mai 2019 lebte er im Kloster der Verkündigung in Ormylia. Sein Nachfolger wurde sein Schüler, Archimandrit Elisaios.

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*Aus: Fr. Maximos, Monastery of Simonopetra: Charisma and Institution at an Athonite Cloister, Historical Developments and Fute Prospects, in ‘Annual Report 2007’ of the Friends of Mount Athos, pp. 17-34. 

Weitere Texte und Informationen in engl. Sprache: elderaimilianos.blogspot.com

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